Corporate Governance und die Schaffung von Grundsätzen guter Unternehmensführung bleibt auch nach zwei Jahrzehnten Corporate Governance Kommission eine Aufgabe, die sich nicht erledigt hat. Denn ihre Grundidee bleibt richtig und aktuell: In Selbstverantwortung festgelegte Standards verbessern die Führungs- und Kontrolltätigkeit der in den Unternehmen jeweils zuständigen Organe.

Am 6. September 2001 fand im Hause des Bundesjustizministeriums die konstituierende Sitzung statt, aus der der Deutsche Corporate Governance Kodex und auch die Regierungskommission hervorgingen. Der 20. Geburtstag konnte Corona-bedingt zwar nicht gebührend gefeiert werden, aber wir können ihn zum Anlass nehmen, auf die weiterhin große Bedeutung des Kodex und den Beitrag der gesamten Kommission zum Gelingen guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung in Deutschland aufmerksam zu machen.

Die damals hohen Anforderungen an die Kommission gelten bis heute. Es sollte ein hochrangiges Gremium sein, das mit seinen Beschlüssen für ganz Deutschland mit einer Stimme spricht und seine Arbeit auch kontinuierlich mit ganz Deutschland diskutiert. Die Kommission sollte sich aus Vertretern von Vorständen und Aufsichtsräten kapitalmarktorientierter Unternehmen und deren Stakeholdern zusammensetzen. Regierungsvertreter oder Politiker sollten nicht zu Mitgliedern ernannt werden. Diesen Grundsätzen ist die Kommission treu geblieben.

Der Deutsche Corporate Governance Kodex hat in den vergangenen Jahren tatsächlich gute Unternehmensführung in Deutschland gestärkt. So wurden die Anforderungen an die Qualifikation von Aufsichtsratsmitgliedern erhöht und die Verantwortlichkeiten der Organe insgesamt präzisiert und klarer zugeschnitten. Oft war dafür nicht einmal eine Gesetzesänderung erforderlich. Der Kodex baut auf den Rahmenbedingungen des Gesetzes auf und überlässt die Regelung der Details den Betroffenen selbst. Die Effektivität dieses Ansatzes zeigt sich in der Praxisnähe und Flexibilität des Kodex, der genügend Raum für maßgeschneiderte Lösungen für eine Vielzahl von Unternehmen lässt.

Dieser Ansatz ist aber nicht nur effektiv. Er entspricht vor allem unserem liberalen verfassungsrechtlichen Ordnungsrahmen. Das Grundgesetz vertraut in seiner regelungspolitischen Zurückhaltung der Fähigkeit von Gesellschaft und Wirtschaft zur Selbstregulierung – und lässt dieser Verantwortung grundsätzlich Raum. Diesen Raum nutzen Kommission und Kodex vorbildlich. Sie üben Selbstgesetzgebung, Autonomie – und rechtfertigen Montesquieus’ berühmten Satz: „Wenn ein Gesetz nicht notwendig ist, ist es notwendig, das Gesetz nicht zu erlassen.“

In Verantwortung gelebte Freiheit bewähren Kommission und Kodex gerade in einem beständig sich wandelnden Wirtschaftsumfeld. So rücken soziale Aspekte und Nachhaltigkeitsfragen und ihre Auswirkungen auf Unternehmensstrategie und -erfolg immer stärker in den Blick. Gerade Ende Januar haben Sie das öffentliche Konsultationsverfahren zu Ihren Vorschlägen für entsprechende Empfehlungen im Kodex begonnen: Unternehmensvorstände sollen wirtschaftliche, ökologische und soziale Belange austarieren. Das ist mehr als der Wirtschaftsnobelpreisträger Milton Friedman vor 50 Jahren zugestehen wollte, der bekanntlich nach den wirtschaftlichen Belangen einen Punkt machte – aber es ist eben das, was die Wirtschaft selbst heute als notwendig erachtet und sich zur Aufgabe stellt.

Diese stetige Fortentwicklung unter enger Rückbindung an die interessierte Öffentlichkeit und orientiert durchaus am Leitbild des ehrbaren Kaufmanns, hat dem Deutschen Corporate Governance Kodex hohe Akzeptanz gesichert. Er hat in den vergangenen Jahren ebenso vorangetrieben wie abgebildet, dass die Wertschätzung sämtlicher Stakeholder durch die Unternehmen inzwischen stärker betont wird als früher. Zu diesen Stakeholdern zählen Anteilseigner genauso wie Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten. Eine vorbildhafte Unternehmenskultur verfolgt, so der Kodex, die nachhaltige Unternehmensentwicklung unter Einbeziehung nicht nur der Aktionäre, sondern aller dem Unternehmen verbundenen Gruppen – in offener Kommunikation und Vertrauen schaffender Transparenz.

Mit seiner Entwicklung national und international anerkannter Standards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung leistet der Deutsche Corporate Governance Kodex einen wertvollen Beitrag zum nachhaltigen Erfolg deutscher börsennotierter Unternehmen – und zeigt, was Eigenverantwortung in der sozialen Marktwirtschaft bedeutet und bewirken kann.

(Dr. Marco Buschmann, Bundesminister der Justiz a.D.)

Die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex ist eine von der Bundesministerin der Justiz im September 2001 eingesetzte Kommission. Die Regierungskommission besteht aus Vertretern von Vorständen und Aufsichtsräten kapitalmarktorientierter Unternehmen und deren Stakeholdern. Daher gehören der Regierungskommission auch Vertreter der institutionellen Investoren und der Privatanleger, der Wissenschaft (Wirtschaftswissenschaften, Rechtswissenschaften), der Wirtschaftsprüfer und Vertreter eines Gewerkschaftsbundes an. Die Mitglieder der Regierungskommission werden vom Bundesministerium der Justiz berufen, wobei die Regierungskommission Vorschläge unterbreiten kann.

Die Vorsitzenden selbst werden ebenfalls vom Bundesministerium der Justiz ernannt. Er vertritt die Regierungskommission nach außen und koordiniert die Arbeit nach innen.

Die Regierungskommission formuliert Standards guter Unternehmensführung im Deutschen Corporate Governance Kodex, den sie jährlich überprüft. Die Standards werden dabei nicht allein von der Kommission erarbeitet, sondern auf der Grundlage von Dialogen mit Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit formuliert.