Mitteilung für die Presse

Die Regierungskommission ist am 21. Mai 2003 zu einer Plenarsitzung zusammengekommen. Die Europäische Kommission hat kurzfristig die Veröffentlichung ihres Aktionsplans zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der EU angekündigt. Um auch die vielfältigen Erwägungen der EU-Kommission gegebenenfalls einbeziehen zu können und vor dem Hintergrund der aktuellen nationalen und internationalen Diskussionen standen auf der Tagesordnung der Plenarsitzung insbesondere Fragen der Vorstandsvergütung sowie die bisherigen Erfahrungen aus der Umsetzung des Deutschen Corporate Governance Kodex durch die börsennotierten Aktiengesellschaften. Nach langer, eingehender, zum Teil kontroverser Diskussion beschloss die Kommission einvernehmlich eine Anpassung des Kodex, wobei die Änderungen im Wesentlichen den Bereich der Vorstandsvergütung betreffen.


Künftig mehr Transparenz in der Vorstandsvergütung

Die auch in der Öffentlichkeit rege diskutierten Fragen einer angemessenen und transparenten Vorstandsvergütung standen im Mittelpunkt der Kommissionsberatungen. Die bisherige Praxis hat gezeigt, dass alle Themen, die heute rund um die Vorstandsvergütung diskutiert werden, im Kodex schon im Grundsatz behandelt wurden. Der Kommission ging es deshalb in erster Linie darum, einzelne Aspekte noch deutlicher klarzustellen und zu konkretisieren und damit den Schwachstellen in der bisherigen Umsetzung Rechnung zu tragen. Der entsprechende Abschnitt 4.2 des Kodex wurde in mehreren Punkten erweitert:

  • Empfehlung „Individualisierte Offenlegung der Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung“
    Die Angaben zur Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung sollen nach ihren Bestandteilen aufgeschlüsselt individualisiert erfolgen.
  • Empfehlung „Obergrenze für Aktienoptionen“
    Aktienoptionen und vergleichbare Gestaltungen sollen künftig auf anspruchsvolle, relevante Vergleichsparameter bezogen sein. Für außerordentliche, nicht vorhergesehene Entwicklungen soll der Aufsichtsrat eine Begrenzungsmöglichkeit (Cap) vereinbaren.
  • Empfehlung „Offenlegung des Wertes von Aktienoptionen“
  • Empfehlung „Bekanntmachung des Vergütungssystems im Internet“
    Die Grundzüge des Vergütungssystems sollen auf der Internetseite der Gesellschaft in allgemein verständlicher Form bekannt gemacht und im Geschäftsbericht erläutert werden. Hierzu sollen auch Angaben zum Wert von Aktienoptionen gehören.
  • Empfehlung „Information der Hauptversammlung über das Vergütungssystem“
    Der Vorsitzende des Aufsichtsrats soll die Hauptversammlung über die Grundzüge des Vergütungssystems und deren Veränderung informieren.

Diese Fortentwicklungen dienen dem Ziel, mehr Transparenz in die Vergütungssysteme zu bringen. Damit die Anleger beurteilen können, ob Leistung und Vergütung von Vorständen in einem sinnvollen Zusammenhang stehen, müssen das Vergütungssystem mit den einzelnen Bestandteilen Fixum, Tantieme und langfristige Erfolgskomponente sowie die tatsächlich gezahlten Vergütungen auch konsequent offen gelegt werden. Wenn die Leistungsorientierung nicht nur strikt eingehalten, sondern auch offen kommuniziert wird, dann wird auch die Kritik an Managergehältern leiser werden und das Vertrauen in die Unternehmen steigen.

Insbesondere die Umwandlung der bisherigen Anregung zur individualisierten Veröffentlichung der Vorstandsbezüge in eine Empfehlung folgt der Grundüberzeugung der Kommission, flexible Regelungen im Rahmen der Selbstorganisation der Wirtschaft weitestgehend gesetzlichen Regulierungen vorzuziehen.


Hohe Akzeptanz der Kodex-Empfehlungen

Das Berlin Center of Corporate Governance (BCCG) unter Leitung von Prof. Dr. Axel v. Werder von der TU Berlin hatte im Auftrag der Regierungskommission die bis Ende 2002 abgegebenen Entsprechenserklärungen nach § 161 AktG der Unternehmen ausgewertet und die ersten Ergebnisse für die DAX- sowie MDAX(alt)-Werte in der Plenarsitzung vorgestellt. Gegenstand dieser ersten methodisch abgesicherten Erhebung waren die Soll-Empfehlungen des Kodex, nicht aber die mit „Sollte“ und „Kann“ versehenen Anregungen, deren Umsetzung nicht der Entsprechenserklärung unterliegt.

Die im Februar 2003 abgeschlossene Erhebung ergab, dass der Deutsche Corporate Governance Kodex bereits im ersten Jahr seiner Anwendung weitgehend umgesetzt wird. Wenn die dafür teilweise notwendigen Hauptversammlungsbeschlüsse vorliegen, werden beispielsweise 90 % aller 30 Unternehmen im DAX (27 Unternehmen) künftig 59 der 62 Empfehlungen umgesetzt haben; rund 75 % der Unternehmen (22) werden dann bis auf eine alle Empfehlungen erfüllen; 46,7 % der Unternehmen (14) werden alle Empfehlungen umgesetzt haben. Heute schon erfüllen mit Commerzbank, Infineon, Metro, Schering und ThyssenKrupp fünf DAX-Unternehmen alle Empfehlungen des Kodex.

Ein Executive Summary der BCCG-Erhebung kann auf der Website der Regierungskommission eingesehen werden.

Während bei den Kodex-Empfehlungen ein hohes Maß an Transparenz bezüglich deren praktischer Umsetzung besteht, ist das Maß der Umsetzung der Kodex-Anregungen bisher wenig überschaubar. Deshalb hat die Regierungskommission die Empfehlung von Ziffer 3.10 des Kodex an Vorstand und Aufsichtsrat, jährlich im Geschäftsbericht über die Corporate Governance des Unternehmens zu berichten, um die Anregung ergänzt, in diesem Zusammenhang auch zu den Kodex-Anregungen Stellung zu nehmen.


Auch künftig Kodex-Anpassungen, wenn es neue Entwicklungen erfordern

Die Kodex-Kommission sprach weitere Corporate-Governance-Fragen an, die unter anderem Prüfungsausschuss, Rechnungslegung und Abschlussprüfung, Interessenkonflikte im Aufsichtsrat sowie den Wechsel des Vorstandsvorsitzenden in den Aufsichtsratsvorsitz betreffen.

Die Regierungskommission kam in ihren Beratungen überein, zunächst die weitere Entwicklung, insbesondere die praktische Handhabung dieser und weiterer Themen durch die Gesellschaften zu beobachten und auszuwerten. Darüber hinaus wird sich die Regierungskommission in ihren Arbeitsgruppen intensiv mit dem Aktionsplan der EU-Kommission befassen und gegebenenfalls in ihre Beschlüsse einbeziehen.


Den aktualisierten Wortlaut des Deutschen Corporate Governance Kodex finden Sie, sobald die am 21. Mai von der Regierungskommission beschlossenen Kodex-Änderungen durch das Bundesministerium der Justiz im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht worden sind, auf der Website der Regierungskommission unter www.corporate-governance-code.de
Hier finden Sie auch weitere Informationen zur Arbeit der Regierungskommission.

Ansprechpartner:
Dr. Jürgen Claassen
ZB Kommunikation und Vorstandsbüro
ThyssenKrupp AG
Telefon: +49 (2 11) 8 24-36 00 1
Telefax: +49 (2 11) 8 24-36 00 5
E-Mail: presse@tk.thyssenkrupp.com

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